Verrücktes Essen

by wbartl@proseco.at
Frittierte Insekten essen

Weird Food – verrückte Essenstrends unter der Lupe

Kürzlich habe ich etwas gelesen, das ich erschreckend und skurril fand: Eine Mc Donalds Filiale geht mit dem „Trend der Zeit“ und bietet jetzt auch Candlelight Dinner an. Für die Romantik in einer schnelllebigen Zeit, in der man jeden Cent umdrehen muss – und die Leute finden es klasse. Anfangs hielt ich dies für einen Werbegag, doch anscheinend meinen sie es tatsächlich ernst. Als ich am selben Abend einer Freundin von der verrückten Idee erzählte, meinte sie: „Ach, das ist doch noch gar nichts. Die bieten in Japan sogar Hochzeiten an!“

Da mich der Gedanke an eine romantische Hochzeit zwischen Big Mac und Chicken Nuggets nicht mehr los ließ, ich aber nicht glauben konnte, dass das schon alles war, beschloss ich, mich auf die Suche nach weiteren kuriosen Nahrungsmitteln, Restaurants und Food Trends zu machen… Und habe von nett und witzig bis skurril und beängstigend einiges gefunden.

Nose to Tail

Ich beginne ganz harmlos, mit Fergus Hendersons „Nose to Tail“, einem poetischen Kochbuch. Henderson kocht überaus erfolgreich in seinem Londoner Lokal St John – ein Michelin Stern zeugt von Qualität. Minimalistisch eingerichtet, kommen in der kleinen Gästekammer aber nicht Gänseleber, Rindszunge oder Froschschenkel auf den Teller – aus Respekt vor dem Tier, wird es nach Möglichkeit ganz verkocht und die Beilagen sind so unaufregend, dass sie dem Fleisch niemals die Show stehlen. So kommen beispielsweise englische Tauben mit rohen Frühlingszwiebeln, und gekochter Schinken nur mit einem Döschen Schnittlauchsauce auf den Teller. Taschenkrebse und Schweinsköpfe werden sowieso nur im Ganzen serviert. St John ist somit so etwas wie das ausgezeichnete Gegenteil ausgezeichneter moderner Lokale. Hendersons „Nose to Tail“ Kochbuch bietet neben einem großen Unterhaltungswert auch fantastische Rezepte – aber wer einmal beginnt, es zu lesen, wird kaum mehr zum Kochen kommen.

Nose to Tail steht übrigens auch für einen anderen, deutlich skurrileren Food Trend: Auf sogenannten Nose to Tail Partys kann man unter professioneller Anleitung ein ganzes Schwein zerstückeln und völlig selbst verarbeiten. Naja, da ist mir dann doch die klassische Mottoparty a la 80er oder Black and White lieber.

Ein gutes Beispiel für ein ausgefallenes Lokal ist das „Hospitalis“ in Riga. Wer hier Platz nimmt, kann für einen Abend seine guten Manieren vergessen und auf Messer und Gabel verzichten – denn wie der Name schon sagt, speist man im „Hospitalis“ mit Skalpell und Co, und das nicht von Tellern, sondern von Operationsschalen. Seine Besitzer, Ärzte, haben ihr Restaurant ganz im Stil eines Krankenhauses eingerichtet, und auch die Bedienung erfolgt in Form von rothaarigen Krankenschwestern im passenden Outfit. Etwas „krank“ muss man wohl sein, um hier regelmäßig zu speisen – aber Hauptsache man hat einen gesunden Appetit.

Heutzutage sind Banken in aller Munde, und das meist nicht positiv. Wer es leid ist, sein Geld auf die Bank zu tragen und sich zu fühlen, als würde er keinen Vorteil daraus ziehen; der ist im The Bedford in Chicago genau richtig. Denn hier bekommt man wenigstens leckeres Essen für sein Erspartes. In einem ehemaligen Tresorraum, in dem alle Banknoten, Diamanten und sonstiges gegen Tische und Stühle eingetauscht wurden, speist man bestimmt an einem der außergewöhnlichsten Orte.

Restaurant unter dem Meeresspiegel

Wohl eines der verrücktesten und zugleich schönsten Restaurants, ist das Ithaa auf den Malediven. Es ist komplett verglast, hat eine riesige Auswahl an Weinen (über 20.000) – aber Platz für nur 14 Gäste. Das alleine macht das Ithaa aber nicht zu dem, was es ist. Nein, es ist sein Standort. Die Malediven. Ein lebendiges Korallenriff. Und 3 Meter unter dem Meeresspiegel, inmitten von abertausenden Lebewesen und Farben, das Restaurant. Ja, Sie haben richtig gelesen – es liegt unter Wasser, ist völlig verglast und als solches das einzige seiner Art. Wer die Chance hat, sollte es unbedingt besuchen!

Für alle, die ihrer / ihrem Liebsten einen unvergesslich (schönen oder schrecklichen) Abend bereiten wollen, dürfte „Dinner in The Sky“ eine Option sein. In schwindelerregender Höhe (ab cirka 50 Meter) wird man bekocht und darf sich über einen leckeren Brunch, Lunch oder ein Dinner freuen. Natürlich alles gesichert. Für Leute mit Höhenangst wohl eher ein Alb-, als ein Traum. In Österreich beispielsweise buchbar über jollydays.at oder dinnerinthesky.at an den Standorten Wien, Linz oder Graz, in Deutschland verschiedenste Anbieter und Standorte (z. B.: München, Berlin, Köln,…).

Verrücktes für unsere Zunge

Viel skurriler als die verrücktesten Restaurants sind aber die außergewöhnlichsten Speisen der Welt. Sie erfordern nicht nur die Toleranz unserer Zunge sondern auch unseres Gewissens und der westlichen Moralvorstellungen.

Recht unaufregend möchte ich zur Einstimmung mit den frittierten Insekten beginnen. In asiatischen Ländern, wie China und Thailand, als auch in Kambodscha, Mexiko oder Teilen von Australien gelten die proteinreichen Snacks als Delikatessen. Ich habe selbst schon frittierte Heuschrecken gegessen und muss sagen, ihr Geschmack erinnert an eine Mischung aus Hühnchen und Chips – jedenfalls sind sie wirklich lecker. Auch frittierte Skorpione kommen in Teilen Asiens auf den Tisch (wobei sie dort eher an Straßenständen angeboten werden, Fast Food a la Bratwurst und Döner eben). Geschmacklich sollen sie an Hummer erinnern. In Kambodscha sind weiters frittierte Spinnen sehr beliebt – diese könnten für einige von uns, mich eingeschlossen, eine echte Herausforderung darstellen.

Von Froschschenkel bis pürierter Frosch

Als sehr befremdlich empfinde ich das Essen von Froschschenkeln, die aber immer beliebter werden und nicht mehr nur noch in Frankreich, sondern auch schon vermehrt in anderen Teilen Europas oder auch der Karibik gegessen werden. Meist zubereitet mit Knoblauch und als Suppe, soll ihr Geschmack stark hühnchenähnlich sein. In Peru gelten pürierte Frösche überdies als „viagraähnlich“ – und werden dazu (oft noch lebendig) gehäutet einfach in den Mixer gesteckt und in Form von Cocktails serviert. Lebendig die Haut abzuziehen, um die „Wirkung“ zu maximieren… das ist definitiv einer der Punkte, wo meine Toleranz an ihre Grenzen stößt.

Für mich die erschreckendste und abartigste Speise ist rohes Affenhirn, das in Singapur in einigen Restaurants sogar vom lebendigen Tier angeboten wird. Abgesehen von Krankheiten wie BSE, ist das meiner Meinung nach nur Tierquälerei und in keinster Weise unterstützenswert.

Wer schon einmal Urlaub in Schweden gemacht hat, der ist vielleicht auf folgende Spezialität gestoßen: „Surströmming“, vergorener Hering, der auch in der Dose noch weitergärt. Der intensive Geruch nach Fisch ekelt so manchen Mitteleuropäer aber so sehr, dass auf den Geschmackstest gleich verzichtet wird.

Haben Sie schon einmal Peking Ente gegessen? Und damit meine ich nicht die nett angerichtete Geflügelspeise im China Restaurant Ihrer Wahl – sondern die originale Peking Ente. Ein Sprichwort besagt: „Wer nie die große Mauer gesehen hat und nie Pekingente gegessen hat, der war nicht in China“. Denn hier wird wirklich alles verkocht – als Vorspeise gibt es die knusprige Haut, serviert in Teigfladen, den Hauptgang macht tranchiertes Fleisch mit verschiedenen Beilagen. Während die Gäste mit diesen zwei Gängen beschäftigt sind, wird aus den Resten des Tieres eine Suppe gekocht, die traditionell den Abschluss des Essens bildet. Dass man von Geflügel generell mehr als nur das zarte Fleisch essen kann, hat sich mir auch in Thailand anschaulich geboten: gebraten oder in einer Sauce gekocht, werden dort auch Hühnerfüße angeboten. Sowohl optisch, als auch von der Konsistenz her: kein Essen für schwache Nerven.

Tausendjährige Eier

Tausendjährige Eier: hier treibt mir allein der Anblick den puren Ekel in die Knochen. Wenngleich die Eier auch nur drei, und nicht tausend Jahre alt sind, ist die geleeartige Konsistenz und die grau blaue Farbe mehr als nur ein bisschen seltsam für meine mitteleuropäischen Vorstellungen von Lebensmitteln. Um sie haltbar zu machen, werden die Eier in eine Mischung aus Kalk, Kohle, Salz und Wasser eingelegt oder einfach in Asche und Zitrone. Je nach Lagerungsart variiert der Geschmack – von zart bis beißend.

Eine ähnliche Herausforderung stellt der Anblick von Natto dar, das bei uns sogar in manchen Asiashops erhältlich ist. Hierbei handelt es sich um fermentierte Sojabohnen, die optisch an eine schlecht gewordene Gemüsepfanne erinnern. Besonders durch die vielen Fäden, die es zieht, ist es für die mitteleuropäischen Augen nicht als besonders schmackhaft erkennbar.

Ausgebrütetes Vogelei

Zurück zum Ei, bildet „Balut“ den Abschluss. Vorwiegend auf den Philippinen oder in Vietnam gegessen, hat es mittlerweile auch den Einzug in die USA geschafft. Hierbei handelt es sich um ein – Achtung – ausgebrütetes (!) Vogelei. Dazu lässt man die Eier ungefähr 14 Tage von der Vogelmutter ausbrüten, um sie ihr dann zu nehmen: darin befindet sich ein deutlich gebildeter Embryo, sowie Eiweiß. In Vietnam bevorzugt man Eier ab dem 19. Tag – hier ist der Körper des Jungen schon beinahe ausgewachsen. Das Eigelb schmeckt nach Eigelb, das Küken nach Huhn – dennoch wäre es für mich niemals eine Option, da man das vollständig entwickelte „Baby“ bestens erkennt und mir allein der Anblick des toten Tieres jeglichen Hunger vergehen lässt.

Foto: yarlander – Fotolia.com

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