Die Branche vollzieht einen Wandel
Genau hier haben in den letzten Jahren einige Modelinien angesetzt. Mode für kurvige Frauen kämpfte lange Zeit mit dem Image des vorhangähnlichen, weiten T-Shirts, kombiniert mit einer ausgeleierten Stoffhose – dass man sich in Größen fernab der 36 aber ebenso stylish, trendy und sexy anziehen kann, das galt es nun zu beweisen.
Da es für immer mehr Aufregung sorgte, jungen Frauen ein völlig falsches Schönheitsideal zu vermitteln, und dazu ein großer Teil potenzieller Kunden immer weniger Lust hatte, Kleidung nur von Typen fernab des Normalmaßes präsentiert zu bekommen, begannen namhafte Modelinien einen anderen Weg einzuschlagen.
Anfangs unter großer Aufregung, mittlerweile gutgeheißen, und beinahe als normal angesehen, stellten sie die ersten Models mit Kurven auf die Laufstege und vor die Kameras. Designer brachten Serien für besonders große, kleine oder rundliche Frauen heraus, perfekt abgestimmt auf die Bedürfnisse von Menschen mit Proportionen außerhalb des propagierten Normal-, bzw. Idealmaßes. Tall, petite und curvy. So passen wir alle in die eine und / oder andere Schublade, aus der wir nun schöpfen können.
Das ist ja alles in allem eine tolle Entwicklung und erleichtert Frauen fernab von 1, 75 m und 55 kg die Suche nach der passenden Kleidung.
Was mich etwas stört, ist die Klassifikation einer Frau als kurvig, sobald sie Größe 38 oder 40 trägt. Klein unter 1,65 und groß über 1,80 finde ich hingegen wieder ganz gut, wahrscheinlich auch deshalb, weil Größe ein naturgegebener Faktor und nicht so negativ behaftet ist, wie Gewicht.
Letztens musste ich zweimal hinschauen, ob es sich bei dem Pullover im Onlineshop nun um einen aus der Kollektion Curvy oder um einen „Skinny“ Schnitt handelt, da es am Model nicht ersichtlich war. Dass die „normalen“ Größen nun wieder die 34 und 36 sind, finde ich nicht nur weltfremd, sondern auch etwas kränkend (ja, auch ich empfinde es als kränkend, obwohl ich selbst eine Größe 36 trage). Ich verstehe diesbezüglich nämlich meine weniger dürren Freundinnen, die so mit tollen Figuren, Rundungen und Normalgewicht, als moppelig abgestempelt werden und sich dadurch irgendwie unwohl fühlen.
Meine Lösung für dieses „Problem“ wäre, alle Produkte zu benennen, also auch eine Größe 34 und 36 als „skinny“ zu kennzeichnen. Und, bzw. oder, einfach den Rahmen des Normalbereiches weiter auszudehnen, so dass zumindest eine 38 oder 40 noch hineinfällt – das wäre wenigstens realistisch und der europäischen Durchschnittsfigur angepasst.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr dicke Schaufensterpuppen oder Models auf eine ähnliche Weise seltsam finde, wie die, die eine Figur wie ein Kleiderhaken haben. Nicht, dass ich etwas gegen das eine oder andere habe, im Gegenteil – aber das Abstempeln von einer Größe 40 als zu „dick“ und einer Größe 34 als “viel zu dünn“, stört mich etwas. Immerhin ist es eine Sache der restlichen Proportionen und der Größe, ab wann ein bestimmtes Gewicht außerhalb des Normalbereiches liegt.
Kurvige Models und die durch sie präsentierten Modelinien sind leider negativ behaftet, gerade eben weil sie für „festere Frauen“ stehen. Und das, obwohl diese Models genau das Gewicht und den Körper haben, der medizinisch gesehen als am einwandfreisten, und gesamtgesellschaftlich als am normalsten gilt. Sobald man einer Frau mit gesundem Mittelmaß aber einredet, sie wäre ein Fall für Übergrößen Kollektionen, schürt man Zweifel und bringt sie im schlimmsten Fall dazu, sich selbst als nicht liebenswert und zu dick zu sehen. Leider wird in unserer Gesellschaft ein rundlicher Körper als ein Zeichen für Faulheit, Inkonsequenz und Willensschwäche gesehen – jemanden als dick abzustempeln ist eine Beleidigung, während „Ach bist du dünn“ oft ein Kompliment ist.
Um von dieser verzerrten Wahrnehmung abzukommen, sind curvy Models meiner Meinung nach eine tolle Idee – allerdings sollten sie nicht für „mollige“ Kurven, sondern für Sexyness, Weiblichkeit und Erotik stehen. Alles andere unterstützt nur den „Trend“, bzw. die immer größer werdende Anzahl sowohl an Ess-, als auch an Körperschemastörungen. Auch im Sinne unserer Kinder ist es unsere Verpflichtung, ein realistisches und gesundes Körperbild zu propagieren, und ihnen nicht einzureden, sie wären bei normalem Essverhalten ein Fall für die Wal-Rettungsaktionen von Greenpeace und Co.
Hoffentlich bewegt sich das Denken der Designer und Modehäuser auch bald in eine ähnliche Richtung… Um dort Normalität einkehren zu lassen, wo Extreme nur zu Krankheiten, Unwohlsein und verzerrten Wahrheiten führen.
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